Ganze drei Wochen haben wir in Chile verbracht, ehe wir uns auf den Weg nach Argentinien gemacht haben. Auch hier musste nicht sonderlich überlegt werden, wie die Strecke Santiago de Chile – Buenos Aires bewältigt werden sollte, da der über die Anden führende Gebirgspass, aufgrund von heftigen Schneefällen, tagelang nicht passierbar war. Aus der ansonsten 26 Stunden dauernden Busfahrt wurde also nichts, jedoch abermals kein Grund zur Sorge, da die Tickets für den zweistündigen Flug gerade einmal 10 Euro mehr pro Nase kosteten.
Kaum in Buenos Aires angekommen, stachen sofort eine Handvoll wesentlicher Unterschiede in Augen und Nase. Beispielsweise der Umstand, dass es keine Straßenhunde mehr gab. Nirgends. Das war richtig ungewöhnlich, nachdem wir die vorangegangenen zwei Monate täglich unsere Supermarkteinkäufe auf dem Weg in die Unterkünfte verteidigen mussten. Weiters vernahm man sofort die – entgegen der vorangegangenen Länder – hohe Anzahl an rauchenden Menschen, die genüsslich dem Stillen ihrer Nikotinsucht nachgingen. Dazu gesellt sich eine weitere Volkssucht: Yerba Mate trinken. Ähnlich unserer Kaffeekultur sind die Argentinier richtige Koffein-Junkies und laufen gerne mit ihren Teebechern in der Hand durch die Fußgängerzone oder entlang der Strandpromenade.
Oftmals werden die Argentinier auch als „die Europäer Südamerikas“ bezeichnet. Diese Aussage kommt nicht von ungefähr, da viele Argentinier ihre Wurzeln beispielsweise in Italien oder Deutschland haben. Anfangs dachten wir, dass mit unseren Ohren etwas nicht stimmte, als uns der Busfahrer das eigenwillige Prozedere an der Grenze zu Paraguay in perfektem Deutsch erklärte. Als uns ein paar Tage später erneut ein Einheimischer darauf hinwies, dass wir ruhig Deutsch mit ihm sprechen können, war es Zeit für eine kurze Recherche: demnach gibt es alleine in Argentinien ungefähr eine halbe Million deutschsprachige Menschen – Großteils Nachkommen der zu Zeiten des Zweiten Weltkrieges eingewanderten Bevölkerung. Es gibt sogar Kleinstädte, wie beispielsweise Villa General Belgrano, in denen trotz der spanischen Landessprache vorrangig Deutsch gesprochen wird und an deutschen Gepflogenheiten festgehalten wird.
Grünes Buenos Aires
Aber erstmals zurück in die Hauptstadt Buenos Aires. Trotz ihrer Größe haben wir es geschafft, nahezu alle Sehenswürdigkeiten zu Fuß abzuklappern. Neben den bekannten architektonischen Gebäuden, wie beispielsweise dem an den Plaza de Mayo angrenzenden Präsidentenpalast, den Obelisken oder der Kathedrale, gibt es viele und vor allem groß angelegte Parks die die Stadt äußerst grün erscheinen lassen.
Ebenso gibt es kilometerlange Kanäle mit Schiffdocks die sich entlang der Atlantikküste den Weg durch die Stadt bahnen und an ein riesiges Naturschutzgebiet mit drei darin liegenden Lagunen grenzen. Auch punkto Laufen bin ich hier auf meine Kosten gekommen.
Argentinien – Land des Fleischs, Land des Weins
Argentinien zählt zu den größten rindfleischproduzierenden Ländern der Welt und oftmals wird das Rindfleisch aus Argentinien als das weltweit beste angepriesen. Hierzulande ist (Rind-)Fleisch buchstäblich in aller Munde: ein Steakhouse reiht sich ans nächste, ein Burger-Laden an den nächsten und auch im Supermarkt staunt man erstmal nicht schlecht, wenn man bemerkt, dass die teuerste Salami noch immer billiger ist als der billigste Käse.
Analog zu den Supermarktpreisen fährt man auch in Restaurants – was Fleisch angeht – deutlich günstiger als in Europa. Oder seid ihr in Wien schon mal auf ein Steakhouse der gehoberen Klasse gestoßen, wo es 800g (!) Steaks für umgerechnet 20 Euro gibt?
In unserem Hostel in Buenos Aires wird zudem einmal pro Woche ein Steakabend veranstaltet, bei dem nach dem All-you-can-eat-Prinzip sieben verschiedene Fleischsorten auf den Grill kommen und gemeinsam mit Salat und sonstigen Beilagen serviert werden. Passend dazu wurden uns verschiedene argentinische Rotweine zur Verkostung gereicht.
Bei uns zu Hause kennt man ja vor allem Chile als das südamerikanische Weinland schlecht hin. Tatsächlich wird in Argentinien jedoch um einiges mehr an Wein produziert und das Land schafft es weltweit auf den 5. Platz, hinter den üblichen Spitzenreitern Italien, Frankreich & Co.
Ein Theater, nein eine Buchhandlung
Eher ein Geheimtipp als dass es in Reiseführern auf den vorderen Seiten auftaucht, ist das ehemalige Theater El Ateneo Grand Splendid, das nach der zwischenzeitlichen Umwandlung in ein Kino nun sein Dasein als eine der schönsten Buchhandlungen der Welt führt.
La Boca – Bella Italia in Argentinien
La Boca ist der bekannteste der 49. Stadtteile von Buenos Aires, welcher Ende des 19. Jahrhunderts als Viertel italienischer Einwanderer entstand. Heute ist es bei Touristen in erster Linie für seine bunten Häuser, die Großteils aus dem Blech abgewrackter Schiffe gebaut wurden und für die italienischen Restaurants sowie die hier befindlichen Tangosäle bekannt.
Abstecher nach Uruguay
So schwer im Vorfeld die Entscheidung war, ob wir einen Abstecher nach Uruguay machen sollten, so leicht fällt im Nachhinein die Weiterempfehlung aus: ja, es zahlt sich definitiv aus!
Busverbindungen gibt es ausschließlich nachts und diese dauern mit guten 8 Stunden deshalb so lange, da mangels einer Brücke über den Rio Uruguay ein riesiger Umweg gefahren werden muss. Die Alternative: einige Pesos drauflegen und die ungefähr 50 Kilometer lange Strecke mit der Fähre übersetzen.
Verglichen mit den anderen Ländern Südamerikas fällt Uruguay für ein Backpacker-Budget hinsichtlich Unterkünfte relativ teuer aus: in Montevideo beispielsweise kosten Betten in Schlafsälen gerne 15 Euro aufwärts. Umso mehr haben wir uns gefreut, als ich über ein Angebot von einem 4* Hotel gestolpert bin, das nur unwesentlich teurer war, jedoch neben Doppelbettzimmer zusätzlich mit einem großen Frühstücksbuffet aufwarten lies.
Sportliches Montevideo
Ebenso konnten wir uns kostenlos Fahrräder ausborgen, mit denen wir Montevideo unsicher machten. Kaum aus dem Hotel fiel sofort auf, wie sportlich das Land ist. Ein Fahrradaufkommen, das ansatzweise an Amsterdam erinnert, Outdoor-Sportgeräte entlang der Küste und vor allem eines: begeisterte Läufer, die entlang der Strandpromenade kräftig Kilometer fressen.
Raucher sucht man hier übrigens wieder vergebens, denn Uruguay gehört zu den Ländern mit den strengsten Rauchergesetzen weltweit. Zufälligerweise habe ich genau zu der Zeit unseres Aufenthalts in der Zeitung gelesen, dass das Land seinen sechsjährigen Gerichtsstreit wegen zu strikter Rauchergesetze gegen den Tabakriesen Philip Morris gewonnen hat: Das Anti-Raucher-Land gewinnt (Die Presse, 09.07.2016).
Spärlich gesegnet hinsichtlich Sightseeing
Punkto Sightseeing ist man, was die Altstadt von Montevideo angeht, relativ schnell durch. Es gibt ein historisches Viertel mit großem Hauptplatz – dem Plaza Independencia – in dessen Mitte sich ein Mausoleum zu Ehren des Nationalhelden José Artigas befindet. Angrenzend findet sich das Theater Solis und der Palacio Salvo, das bis 1935 höchste Gebäude Südamerikas. Punkto architektonischer Sehenswürdigkeiten ist Montevideo also nicht übermäßig gesegnet worden. Ein Umstand der jedoch nichts ausmacht, da man so mehr Zeit hat, um die wunderschöne Strandpromenade auf- und abzuradeln: in unserem Fall bis zum Montevideo Schriftzug – abermals ein Ort der an Amsterdam erinnert.
Colonia del Sacramento
Auf dem Weg zurück nach Buenos Aires – von wo aus unsere Weiterreise erfolgt – machten wir noch einen zweitägigen Halt in Colonia del Sacramento, einer kleinen aber sehr gemütlichen kolonialen Hafenstadt. Nach den beiden Großstädten Buenos Aires und Montevideo war dies eine angenehme Abwechslung, denn außer einem kleinen Hafen mitsamt Leuchtturm und ein paar Cafés und Restaurants gibt es hier keinen Trubel. Autotechnisch scheint die Zeit hier ebenso vor einigen Jahrzehnten stehengeblieben zu sein: dutzende Oldtimer, die nicht als Sammlerstücke in Garagen gehortet werden, sondern von den Einheimischen täglich als Fortbewegungsmittel genutzt werden, prägen das Bild der kleinen Stadt.
Ab in den Norden
Wieder in Buenos Aires angekommen, geht es nun weiter in den Norden, zum Dreiländereck Argentinien, Brasilien und Paraguay. Hier wird es hoffentlich nicht nur deutlich wärmer, sondern steht hier vor allem „Natur pur“ am Programm. Freut euch auf eindrucksvolle Bilder! Bis bald!