Im letzten Beitrag, der zugegebenermaßen schon etwas zurückliegt, haben wir euch auf virtuellem Wege mit in die größte Salzwüste der Welt – die Salar de Uyuni – genommen. Geendet hat unsere dreitägige Tour in San Pedro de Atacama, einer kleinen Wüstenstadt im Norden von Chile.

Auch hier wird ein breites Programm an Outdoor-Aktivitäten geboten: Touren zu Lagunen und Geysiren, Sandbuggy-Fahrten, Verleih von Sandboards und vielem mehr. Irgendwie hatten wir aber sämtliche Aktivitäten erst kürzlich in Peru oder Bolivien genossen, daher wurde hier erstmal kein Geld investiert und die drei Tage in erster Linie dazu verwendet, um die letzten – ziemlich abenteuerlichen – Tage revuepassieren zu lassen und die Weiterreise zu planen.

Let´s go south!

Nach Santiago de Chile wollten wir – und nach Valparaiso! Spätestens jetzt, als wir begonnen haben mögliche Transportmittel zu recherchieren, wurde klar, wie unglaublich langgezogen das Land ausfällt. Die Distanz von San Pedro de Atacama nach Santiago de Chile beträgt um die 1.600 Kilometer und diese Strecke stellt gerade einmal etwa ein Drittel der gesamten Länge Chiles dar. Mit den Preisen sieht es, verglichen zu Bolivien, schon deutlich europäischer aus:  für die 20 stündige Busfahrt wären um die 60 US-Dollar fällig gewesen.

„Das bevorzugte Transportmittel in Südamerika ist der Bus, da Flüge exorbitant teuer sind.“ Das ist die Aussage, die durch die Bank in jedem Südamerika-Reiseführer zu finden ist. Schon vor einiger Zeit mussten wir in Bolivien aufgrund von Demonstrationen und den damit verbundenen Straßenblockaden auf das Flugzeug ausweichen, um aus La Paz rauszukommen – damals dachten wir jedoch noch angesichts des günstigen Tickets ein Schnäppchen ergattert zu haben.

Mittlerweile habe ich mich ein wenig mit der Preispolitik der hier ansässigen Fluggesellschaften befasst und kann obige Aussage definitiv als Schwachsinn betiteln. Und so dauerte unsere Reise von San Pedro nach Santiago keine 20 Stunden im Bus, sondern 2 Stunden im Flugzeug und kostete gerade einmal 35 Euro. Wir hatten schon schwerere Entscheidungen zu treffen.

Bevor es uns jedoch in die Hauptstadt Santiago de Chile zog, ging es erstmal weiter in die am Pazifik gelegene Hafenstadt Valparaiso.

Valparaiso: charmant und bunt!

Die von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärte Stadt Valparaiso wird auch als die kulturelle Hauptstadt Chiles bezeichnet und ist zum Inhalt zahlreicher literarischer und künstlerischer Interpretationen geworden.

Stadt der Seefahrer

Richtig bekannt wurde die Stadt vor allem durch ihren Hafen, da im 19. Jahrhundert sämtliche Schiffe, die ein Ziel entlang der Westküste Amerikas ansteuerten, das Kap Hoorn (Südspitze Südamerikas) umfahren mussten und Valparaiso den ersten großen Hafen besaß.

Als 1914 in Mittelamerika der Panamakanal eröffnet wurde, erlitten die goldenen Zeiten der Stadt jedoch einen ordentlichen Dämpfer. Nun war es für Schiffe, die beispielsweise von Europa nach San Francisco mussten, nicht mehr erforderlich Südamerika zu umfahren, sondern konnten diese nun direkt über die 82 Kilometer lange Wasserstraße vom Atlantik in den Pazifik übersetzen.

Dem Charme der Stadt hat dies jedoch keinen Abbruch getan und so verbrachten wir ganze 11 Tage hier. Das „Warum“ lässt sich nicht genau beschreiben, es sind dutzende Kleinigkeiten – von denen die meisten nicht greifbar sind – die diese Stadt so lebenswert machen: beginnend bei der hügeligen Beschaffenheit und dem angrenzenden Meer, über die mit Graffitis und Wandmalereien übersäten Gebäude, die die Stadt als Ganzes als farbenprächtiges Puzzle erscheinen lassen, bis hin zu der herzlichen Mentalität der hier lebenden Menschen.

Abermals schlossen wir uns einer Free-Walking-Tour an. So lebhaft wurde uns die Geschichte einer Stadt jedoch noch nie geschildert: unsere Uhren im Kopf wurden 100 Jahre zurückgedreht und uns das damalige Leben beschrieben. Wir erhielten eine detaillierte Beschreibung der Gepflogenheiten, die zur damaligen Zeit herrschten, als abenteuerliche Seefahrer nach Wochen auf rauer See erstmals wieder das Festland betraten.

Heute ist jedoch mit Ausnahme der Bar Liberty, einem Uraltpub nahe des Hauptplatzes, nicht mehr viel übrig von den damaligen wilden Seefahrerzeiten.

Bunt, bunter, Valparaiso

Das Stadtbild kann am ehesten mit dem Adjektiv „bunt“ klassifiziert werden. Jedes Gebäude erstrahlt in einem unterschiedlichen Farbton. Zusätzlich zu den farbenprächtigen Fassaden sind vor allem Graffitis und Wandmalereien an nahezu allen Wänden auszumachen.

Von unserem Guide haben wir erfahren, dass hier ein unausgesprochenes Gesetz innerhalb der Sprayers-Szene herrscht: so kann sich zwar jeder an freien Flächen verewigen, die bereits gesprayten Graffitis anderer Künstler sind jedoch tabu. Da sich jeder seit Jahren daran hält, geht das ganze mittlerweile so weit, dass sich Hauseigentümer, nachdem ihr Gebäude fertiggestellt wurde, Sprayer organisieren, damit diese ein von ihnen ausgesuchtes Bild an die Wand zaubern. Die Entlohnung hierfür erfolgt übrigens nicht in Pesos, sondern in Form eines rauschenden Grillfestes.

Dahinrostende Fortbewegungsmittel

Richtig bekannt ist Valparaiso auch für seine Standseilbahnen, die als Ascensores bezeichnet werden, und auf vielen Ansichtskarten, Kühlschrankmagneten und sonstigen Mitbringsel zu finden sind. Dienten diese vor Jahrzenten als Fortbewegungsmittel, um auf den umliegenden Hügeln zu gelangen, so werden sie heutzutage, neben älteren Einheimischen, vor allem von Touristen frequentiert. Von den ehemals 30 Ascensores sind heutzutage nur noch acht in Betrieb, wobei auch an diesen noch verbleibenden unaufhaltsam der Zahn der Zeit nagt.

Viña del Mar

Nur ca. 10 Kilometer entfernt von Valparaiso liegt die viertgrößte Stadt Chiles Viña del Mar – ebenso direkt an der Pazifikküste. Anders als Valparaiso ist Viña del Mar nicht in erster Linie für Kunst und Literatur bekannt, sondern vor allem als moderner Urlaubsort. Hier gibt es neben kilometerlangen Sandstränden vor allem Diskotheken, Casinos und Shoppingtempel. Bei engem Zeitplan würde ich einen zusätzlichen Tag in Valparaiso gegenüber Viña del Mar vorziehen, ansonsten ist die Stadt für einen Tag, bedingt durch die unmittelbare Nähe, durchaus einen Besuch wert.

Hauptstadt Santiago de Chile

Nach unserem ausgedehnten Aufenthalt im wunderschönen Valparaiso zog es uns nach Santiago de Chile, der Hauptstadt Chiles. Allein im Stadtgebiet leben über 6 Millionen Menschen, ein Umstand der wie in anderen Großstädten auch, vor allem beim U-Bahnfahren ziemlich nervenaufreibend werden kann bzw. mehrfach geworden ist.

Gran Torre Santiago

Der Gran Torre Santiago ist mit seinen 300 Metern das höchste Gebäude Südamerikas. Baubeginn war bereits im Jahr 2006, die Fertigstellung erfolgte jedoch erst 2014, da bedingt durch die Wirtschaftskrise der Bau für mehrere Jahre unterbrochen werden musste. Auf den oberen 2 Etagen gibt es eine Aussichtsplattform namens Sky Costanera von der man einen 360° Blick auf Santiago erhält oder besser gesagt: erhalten sollte. Denn Santiago hat – wie viele andere Großstädte auch – mit Smog zu kämpfen. Das Glück einer verregneten Nacht, bei der man am nächsten Tag am ehesten eine klare Sicht auf die zum Greifen nahe erscheinenden Anden erhält, war uns leider nicht vergönnt.

Copa América – Vamos Chile!

Auch in Südamerika wird voller Begeisterung Fußball gespielt. Was bei uns zu Hause die Europameisterschaft ist, wird hier Copa América genannt. Analog zur EM kämpfen die Nationalmannschaften der Länder Südamerikas alle 4 Jahre um den Meistertitel. Dieses Jahr war eine besondere Ausgabe, da die Copa América ihr 100-Jähriges Jubiläum gefeiert hat.

Bereits in Valparaiso konnten wir miterleben, wie Chile Kolumbien im Halbfinale 2:0 abschoss und schon hier kannte die Feierlaune der Chilenen keine Grenzen. Das Finale verfolgten wir einige Tage später im Hostel in Santiago und hätten eigentlich an diesem Abend ein ruhiges Abendprogramm geplant. Als sich Chile jedoch gegen Argentinien im Elfmeterschießen durchsetzte und somit Südamerikameister 2016 wurde, zog es uns mit einigen anderen Backpackern auf die Straßen. Schlafen wäre ohnehin nicht möglich gewesen, da die gesamte Stadt gegen Mitternacht begann Kopf zu stehen: hupende Autos auf den Straßen und über der Stadt kreisende Hubschrauber, Fahnen, Konfettis und vor allem tausende Chilenen in Partystimmung die ein und dieselbe Hymne wieder und wieder grölten. Trotz komplizierten Refrain erlangte man innerhalb kürzester Zeit Textsicherheit: „Oleeeee, Olee, Olee, Olee – Chileeee, Chileeee“.

Cerro San Cristóbal

Der Cerro San Cristóbal ist ein von weiten sichtbarer Hügel, mitten in Santiago auf dessen höchsten Punkt sich eine große Marienstatue findet. Vom Cerro San Cristóbal erhält man einen tollen Blick über Santiago de Chile. An diesem Tag dürften wir besseres Wetter erwischt haben, denn diesmal blieb uns der Blick auf die schneebedeckten Anden nicht verwehrt und auch der Gran Torre ragte deutlich sichtbar aus Meer der übrigen Gebäude.

Neben dem Fußweg gibt es auch die Möglichkeit relativ günstig mittels Standseilbahn auf den Cerro San Cristóbal zu gelangen. Entlang des südlichen Hangs erstreckt sich außerdem ein Zoo – vermutlich um auch Tieren die schöne Aussicht zu ermöglichen.

Durch Zufall bin ich, als ich vor ein paar Tagen das Foto der großen Pampashasen auf Instagram gepostet habe, draufgekommen, dass der Zoo vor einem Monat ziemliche Negativschlagzeilen geschrieben hat: ein Mann wollte auf relativ ungewöhnlichen Weg Suizid begehen und hat sich nackt in das Löwengehege gestürzt. Vor den Augen zahlreicher Zoobesucher machten sich die Löwen über den aus dem Leben scheiden Wollenden her. Wärter versuchten anfangs mittels Betäubungsgewehr die Löwen ruhigzustellen, jedoch verfehlten sie ihr Ziel und trafen anstelle der Raubkatzen den Mann. Warum auch immer setzen sie kein zweites Mal mit dem Betäubungsgewehr an, sondern mit einem richtigen Gewehr – anscheinend hatten sie diesmal keine Angst den Mann zu treffen – und trafen damit zwei Löwen tödlich. Der Mann hat die Geschichte offenbar überlebt. Was sich anhört wie ein schlechter Film gibt’s unter anderem auf den Webseiten theguardian und dailymail nachzulesen.

Bellavista

Bellavista ist ein hippes Szeneviertel in Santiago de Chile mit vielen Bars, Restaurants, Boutiquen, Galerien und vielem mehr – vieles hier erinnert an Valparaiso und bedingt dadurch, dass sich der Großteil der Pubs und Bars direkt aneinanderreiht auch ein wenig an das Bermudadreieck am Schwedenplatz in Wien.

Weiter geht’s…

So, das war er auch schon – unser dreiwöchiger Aufenthalt in Chile. Weiter geht´s nach Buenos Aires in Argentinien – oftmals als die Heimat der weltbesten Steaks bezeichnet. Ob dem wirklich so ist, werden wir für euch rausfinden. Stay tuned!