Den meisten dürfte der Wings for Life World Run ein Begriff sein. Der seit 2014 jährlich in 34 Ländern zur gleichen Zeit ausgetragene Charity-Wettkampf steht unter dem Motto „Run for those who can’t“ und verfolgt das Ziel, Geld für die Rückenmarksforschung zu sammeln. In Österreich fand der Lauf dieses Jahr erstmals in Wien statt, nachdem die letzten beiden Jahre in St. Pölten gelaufen wurde. Weltweit sind dieses Jahr 130.732 Teilnehmer an den Start gegangen, die gemeinsam eine Strecke von 1.255.000 Kilometer zurückgelegt haben. Dabei kamen Spenden in der Höhe von 6,6 Millionen Euro zusammen.

Soweit die offiziellen Zahlen des Veranstalters – nun folgen meine ganz persönlichen Eindrücke des Laufes:

Örtlich getrennt, aber zeitlich vereint!

Beim PubQuiz in einem Wiener Beisel erwähnte ich vor einigen Wochen gegenüber meinen – mittlerweile ehemaligen – Studienkollegen, dass ich in Lima an den Start gehen werde. Zu bereits fortgeschrittener Stunde wurde spontan die Idee geboren, dass auch Klarissa an den Start gehen wird, die bereits wusste, dass sie sich zu dieser Zeit in Russland aufhalten würde. Bevor die Euphorie Gefahr lief der österreichischen „Na, schau ma moi“-Mentalität weichen zu müssen, war schon die Kreditkartennummer ins Handy geklopft und das Bestätigungsmail im Postfach. Und, Klarissa ist heute ebenso brav gelaufen, Gratulation nochmals!

Ansonsten hat sich in meinem Freundeskreis noch Lena mit ihrem VIE-RUN Club nach Bratislava verirrt und in Österreich haben gut ein Dutzend meiner Freunde die Beine quer durch Wien in die Hand genommen.

Vor dem Lauf

Das Starter-Kit war in einem Krankenhaus im Stadtteil Miraflores abzuholen. Das Startgeld war hierzulande um einiges günstiger als in Wien: 60 Soles, das sind umgerechnet ca. 16 Euro. Inkludiert war neben Startnummer und dem von Puma gesponserten, leuchtend gelben Laufshirt einiges an Werbung und – nicht wie in Wien Wasser und ein Elektrolytsaftl – sondern ein RedBull. Warum ich Letzteres so erwähnenswert finde, erfahrt ihr in Kürze.

Am Tag vor dem Lauf war der Start jedoch erstmal in die Ferne gerückt, da ich mich vor ein paar Tagen ziemlich verkühlt habe und seitdem ein nerviger Schnupfen das Luft holen erschwert. Nichtsdestotrotz wurde der Wecker erstmal für 4:45 gestellt und nach einem kurzen Check in der Früh, bei dem Fiebermesser und Co das finale OK gaben, sprang ich auch schon ins Laufoutfit.

Tres, dos, uno, vamos!

Um in den frühen Morgenstunden möglichst nahe beim Startbereich zu sein, sind wir am Tag vor dem Lauf von unserem Hostel in Miraflores in ein Hostel nahe dem Park Circuito Magico del Agua gewechselt, wodurch sich der Weg zum Startbereich auf ein paar hundert Meter Fußweg beschränkte. Nach ein paar losgewordenen Worten auf der Unterschriftenleinwand erfolgte auch schon der Startschuss, durch den sich die in Lima 1357 Frau und Mann starke Belegschaft in Bewegung setzte. Wer glaubt, ich war der einzige Österreicher, der irrt. Laut Ergebnisliste sind neben mir noch acht weitere Österreicher in Lima gestartet.

Während in Österreich die gesamte Laufveranstaltung hinter dem Servus-TV Logo versteckt bleibt, wird hier alles unter der Marke RedBull betrieben. So wurde bereits morgens um 5:30 Uhr RedBull unterhalb des RedBull-Zeltes ausgeschenkt, das sich direkt zwischen RedBull-Bühne und den allerorts bekannten RedBull-Autos befunden hat.

Die Strecke führte mich vom historischem Zentrum beginnend, durch die Stadtteile Miraflores und Barranco. Enden wird mein Lauf in Chorrillos – aber alles der Reihe nach.

Startblöcke hat es aufgrund der international gesehenen, niedrigen Teilnehmeranzahl keine gegeben. Obwohl ich mich ziemlich weit vorne eingereiht habe, erfolgte der Start sehr zivilisiert und harmonisch – vor allem wenn ich an diverse Laufveranstaltungen zurückdenke, die in den Anfangsphasen ausschließlich aus Geschupse und Gedränge bestanden haben.

Streckenmäßig ist es ziemlich häufig bergauf bzw. bergab gegangen. Auch die Straßenbeschaffenheit hat sich leider keinen Orden verdient: zahlreiche Schlaglöcher und Unebenheiten sowie die nahezu vor jeder Kreuzung befindlichen Tempowellen erschwerten einen konstant gleichmäßigen Laufstil. Dafür konnte die Strecke mit der Aussicht punkten: in Miraflores beispielsweise wurde während die Sonne aufging entlang der Strandpromenade gelaufen.

Verpflegungs-/Labstellen gab es alle fünf Kilometer. Dabei wurde einem als Läufer – natürlich – RedBull gereicht. Wasser und Elektrolytgetränke gab es auch, dazu musste man jedoch stehen bleiben und sich selbst bedienen. Für mich einfach nicht nachvollziehbar wie man sich bei Kilometer 5 bereits einen viertel Liter RedBull einflößen kann. Doch genau das wurde zu Hauf praktiziert. Naja, wie heißt es so schön: andere Länder, andere Sitten.

Die fahrende Ziellinie

Der große Unterschied zwischen dem Wings of Life World Run und sämtlichen anderen Laufveranstaltungen die ich kenne ist, dass es zwar einen gemeinsamen Startpunkt gibt, jedoch keine Ziellinie. Jeder läuft solange, bis er vom immer schneller werdenden „Catcher-Car“ eingeholt wird. Diese „Catcher-Cars“ entwerten während des Vorbeifahrens die Chips der Läufer, wodurch sich unterschiedliche Streckenlängen ergeben.

Mich hat es bei Kilometer 14,56 erwischt. In Chorrillos, einem zugegebenermaßen nicht so berauschenden Bezirk von Lima. Das merkte man auch an den unzähligen bewaffneten und mit schusssicheren Westen bekleideten Polizisten/Securities, die links und rechts der Laufstrecke in regelmäßigen Abstanden postiert waren. Das Teilnehmerfeld hat sich nach dem Überholen des „Catcher-Cars“ ziemlich rasch gelichtet. Ursprünglich habe ich nach einem Metro Bus gesucht, jedoch bin ich dann, dadurch dass ich noch einige Zeit geradeaus weiter gegangen bin, bei Kilometer 16 auf eine Busspur mit drei Shuttlebussen gestoßen. „Es el bus hasta Park del Agua?“ Grammatikalisch vermutlich komplett falsch, aber für ein „Si!“ als Antwort hat es gereicht. Die Möglichkeit hab ich mir nicht nehmen lassen und sofort Platz genommen.

Sum­ma sum­ma­rum ein super Lauf, viele neue Eindrücke und nicht zuletzt eine Gegend von Lima zu sehen bekommen, in die sich sonst eher wenig Touristen verirren.